#12 - Inflation und Zinswende - was sollte ich als Privatanleger*in in diesen Zeiten beachten?

01.08.2022
Niklas Krämer, F4F
Niklas Krämer, F4F


Dies ist ein Beitrag zur "Blog-Parade" des Finanzblog-Awards 2022, zu der wir Finance 4Future insbesondere in Form des Podcasts eingereicht haben. Dort könnt ihr auch bis zum 28.08.2022 für uns im Publikums-Voting stimmen - worüber wir uns riesig freuen würden! <3

Nachdem die letzten 15 Jahre an der Börse selbst mit Corona-Crash größtenteils nur eine Richtung kannten - nach oben - weht auf dem Aktienmarkt derzeit ein etwas rauerer Wind. Vielleicht erlebst du als Anleger*in ja auch gerade dein erstes Minus mit deinen ETFs und Fonds?

Natürlich waren wir uns (hoffentlich) alle darüber im Klaren, dass es Schwankungen an der Börse gibt und es auch mal phasenweise runtergeht. Auch du hast dich sicherlich zu Beginn gut eingelesen oder sogar eine Anlageberatung wahrgenommen. Aber anfühlen tut sich das gerade doch auf einmal ganz anders, oder?

Krieg in Europa, Öl-Knappheit und explodierende Preise für Benzin, dass selbst die FDP stärker in einen Markt eingreifen will. Sogar die globale Nahrungsmittelproduktion scheint Probleme zu bekommen, da die Ukraine ein weltweit wichtiger Lieferant von Getreide war. Inflationsraten bis zu 8 % pro Monat - die letzten Jahren waren es nicht mal 2 % pro Jahr... Um das in den Griff zu bekommen, erhöhen die Zentralbanken die Zinsen, womit sie wiederum eine Rezession riskieren - also dass die großen Volkswirtschaften der Erde tatsächlich mal schrumpfen könnten statt Jahr für Jahr zu wachsen. Das ist doch echt keine gute Zeit zum Investieren, oder?

Einfach gesagt: Ja, das war es in den letzten Monaten tatsächlich nicht. Es wäre besser gewesen, nicht investiert zu sein. ABER: Das sagt wenig darüber aus, wie es in den nächsten Monaten weitergehen wird! Wie schlecht die aktuellen Aussichten sind, spiegelt sich bereits größtenteils in den aktuellen Kursen wieder. Du hast also quasi schon dafür mit deinen bisherigen Verlusten bezahlt.

Geld ist auch ein emotionales Thema.

Vielleicht verspürst du aktuell das Bedürfnis, zumindest einen Teil deiner Geldanlage in sichere Häfen zu bringen nach dem Motto "Uff das war hart, ich ziehe mich besser zumindest mal ein bisschen zurück". Vielleicht kennst du dich sogar so gut aus, dass du dich in sicherere Wirtschaftssektoren zurückziehen möchtest - z.B. von der kapitalintensiven Tech-Branche, die besonders unter steigenden Zinsen gelitten hat, hinein in Versorgungsunternehmen (wobei auch die gerade infolge der Gaskrise unter Druck stehen).

Ich könnte dir jetzt eine einfache Antwort geben - die du wahrscheinlich aber nicht hören willst. Geldanlage ist kein rein-rationales Thema (auch wenn es das vielleicht sein sollte). Nur deswegen hat sich ja auch der Forschungsbereich der Bevavioural Finance gegründet, der übrigens auch herausgefunden hat, dass sich Verluste doppelt so schlimm anfühlen, wie sich Gewinne gut anfühlen, wie an der folgenden Grafik erkennbar:

Prospect Theory (Odean, 1998)
Prospect Theory (Odean, 1998)

Du solltest dich daher stattdessen fragen, wie rational du damit umgehen möchtest und kannst, beziehungsweise inwieweit du deine Emotionen raushalten kannst. Es ist okay, einen Raum für Emotionen bei der Geldanlage zu lassen, aber eben nur einen kleinen Raum, nicht das ganze Feld. 

Bist du ein Mensch, der die Börse spannend findet und Investieren als Hobby bezeichnet? Dann hast du vermutlich auch neben deinem Kerninvest ein separates Spaßdepot, in dem du Einzeltitel kaufst, also Aktien von Unternehmen, die du (sicher nicht nur auf Basis rein rationaler Analyse) spannend findest.

Bist du ein Mensch, der Aktien, Börse & Co grundsätzlich skeptisch gegenübersteht und nur vorsichtig - oder sogar noch gar nicht - angefangen hat, zu investieren? Dann bist du von Vornherein emotional an das Thema herangegangen. Wie also sollte ich dir jetzt raten, das einfach wegzulassen?

Was du in der aktuellen Zeit aber beachten solltest:

Bleibe zu einem großen Teil deiner Grundstrategie treu. Vertraue dir selbst in der Entscheidung, die du einmal getroffen hast, denn du hast sie wohl mit bestem Wissen und Gewissen gefällt. Lass dich nicht komplett verunsichern durch Schlagzeilen und Gerüchte und bitte lass dich erst Recht nicht von Themen in Versuchung bringen, die du in einer anderen Situation noch abgetan hättest - sei es Gold und andere Edelmetalle zu kaufen oder einem Trading-Algorithmus zu vertrauen, der dir verspricht, mit Kryptowährungen dein Geld zu schützen.

Meine Empfehlung: Bleibe deiner ursprünglichen Strategie zu mindestens 80 % treu. Wenn du dadurch einfach wieder schlafen kannst, dass du doch ein paar Tausend Euro aus dem Markt rausziehst - mach es. Aber Börsenkrisen sind nicht die Zeit, um überhastet die persönliche Anlagestrategie zu überarbeiten. Mache dir bewusst, dass du dir (hoffentlich) eingangs den Plan gemacht hast, nur Geld zu investieren, dass du in den nächsten 5-7 Jahren nicht brauchen wirst, und dass du ein Puffer hast, mit dem du bis dahin alle wichtigen Ausgaben bestreiten kannst.

In der aktuellen Situation werden die belohnt, die sich eingangs ein ordentliches Konzept gemacht haben, ihre Risikotoleranz und Risikotragfähigkeit bestimmt und treu geblieben sind auch als es Jahr für Jahr an den Märkten nur nach oben ging. Falls du das nicht getan hast, oder du dir gerade einfach unsicher bist, ob du nicht doch etwas ändern solltest, meld dich gerne bei uns. Wir beraten auch zum Thema Geldanlage, wobei wir immer diese beiden wichtigen Risikokennziffern bei unseren Mandant*innen bestimmen und sicherstellen, dass sie getreu dessen ihre Geldanlage bestreiten.

Mit börsenfernen Impact Investments können wir dir sogar zeigen, wie du deine Geldanlage noch breiter streust und robuster gestaltest. Denn was meinst du, welche Rendite du aktuell einfahren würdest, wenn sich diese aus den aktuellen Strompreisen (die kürzlich erst 30 Cent überschritten haben) ableitet?

Sei nicht selbst deine größte Verlustquelle!

Nachweislich machen Privatanleger*innen die größten Verluste durch ihr eigenes irrationales Anlageverhalten - konkret waren das 1,4 % pro Jahr laut einer Studie mit deutschen Privatanleger:innen. Und das passiert genau in Situationen wie aktuell mit Inflation und Zinswende, von denen sich Menschen dann doch wieder aus der Ruhe bringen und zu Fehlern verleiten lassen. Ein schönes Zitat vom ETF-Anbieter Vanguard (den ich bzgl. Nachhaltigkeit eher weniger schätze, da sehr faul was Voting-Verhalten angeht - aber zu Verhaltenscoaching in der Anlageberatung machen sie super Inhalte), das dir vielleicht hilft, in den aktuellen Zeiten besonnen zu bleiben: "Wenn der Drang zu Veränderungen besonders stark ist, ist ihr Nutzen in der Regel besonders gering."

Die 8 größten Fehler (engl. "Bias"), die die Finanzforschung bei Privatanleger*innen identifiziert hast, findest du auch in einem super Artikel von Aktienrebell zusammengefasst. Verbring die Zeit aktuell lieber mit Lesen von Studien oder dem Hören des Finance 4Future-Podcasts (Spotify / Apple / uvm.) statt dich in der aktuellen Lage zu vorschnellen Handlungen verleiten zu lassen. Mit dem Wissen kannst du dann langfristig deine Anlagestrategie optimieren und die nächste Krise noch entspannter aussitzen. Denn eins ist sicher - die kommt bestimmt. Und trotzdem führt kein Weg am Investieren vorbei, wenn du nicht bis zum Alter von 75 arbeiten willst ;)


Dein Niklas

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